Das sind 14 Meter! Monsieur Edouard und Monsieur Claude markieren die geschätzte Länge Gustavs. |
Segelboote, Ausflugsdampfer und Wassersportler sucht man vergebens – nur die bis 3.000 m hohen Kongoberge im Westen und Burundis etwas kleiner Berge im Osten sind zu sehen. Was in dem hochentwickelten Europa undenkbar wäre, ist in den Entwicklungsländern rund um den Tanganyikasee Realität der Armut, denn Luxus wie Wassersport, kann sich hier keiner leisten. Auf einen so riesigen und fast völlig "leeren" tropischen See zu blicken, dass erzeugt schon ein unwirkliches Gefühl. Man könnte fast meinen plötzlich in einen Abenteuerfilm geraten oder am Ziel einer Zeitreise zu sein. Das Gefühl einer Zeitreise wird ganz sicher noch von der "Liemba" verstärkt werden, wenn das Schiff denn wieder zurück auf dem Wasser ist. Früher, als Burundi noch deutsche Kolonie war, hieß sie noch "Graf Götzen" und sorgte mit ihren 70 m Länge und einer mächtigen Kanone an Bord für die Wahrung der Interessen des Kaiserreiches. 1913 auf der Meyer-Werft in Papenburg gebaut, wurde sie in 5.000 Kisten verpackt, nach Daressalam verschifft, mit Eisenbahn und Trägern bis an den Tanganyikasse transportiert und hier schließlich zusammengebaut. Nach dem ersten Weltkrieg gelangte sie dann in englischen Besitz und bekam den neuen Namen. In den sechziger Jahren wurden ihre Dampfkessel gegen moderne Dieselmotoren getauscht und gerade aktuell liegt sie zur Modernisierung im Dock, um für die nächsten hundert Jahre fit zu sein. Viele Seeanrainer nutzen das nach wie vor größte Schiff auf dem See, um von A nach B zu gelangen, Kranke zu transportieren oder ganz einfach Handelswaren zu kaufen oder zu verkaufen.
Die Internationale Union zum Schutz von Natur und natürlichen Objekten (IUCN) bezeichnet den Tanganyikasse als artenreichsten Ort der Welt. Gleichwohl macht sie dabei auch auf die Gefahren durch Umweltbelastungen aufmerksam, mit denen der See zu kämpfen hat. Über 2.000 verschiedenen Lebensformen bietet er ein Zuhause, davon fast 300 Fischarten, von den 95% endemisch sind. Bis 2,5 m lange Welse und Riesenbarsche bis 2 m finden sich hier genauso, wie Süßwasserheringe und Quallen, die man sonst nur aus den salzigen Meeren kennt. Menschen werden die Tiere jedoch nicht gefährlich. Anders sieht es da mit den Hippos aus, die man ab und an am Ufer sieht. Sie können durchaus gefährlich werden, zeigen sich jedoch nicht an den Stränden, sondern nur an den bewachsenen Ufern. Krokodile gibt es auch im Tanganyikasee, aber die sind ebenfalls nur in den üppig grünen Uferregionen zu finden. Hippos habe ich schon beobachtet, Krokos jedoch bekam ich bisher nur im "Musee Vivante", dem "Lebendigen Museum" Bujumburas, zu sehen.
Verwandtschaft von Gustav? |
Und das bringt uns jetzt zu einem Kroko, welches in der Region um den großen See Kultstatus genießt: Gustav! Von den Personen, mit denen ich gesprochen habe, hat ihn noch keiner zu Gesicht bekommen. Fotos oder Filmaufnahmen, wie etwa von dem Ungeheuer von Loch Ness, gibt es keine. Etwa 14 m soll er lang sein und über 120 Jahre alt. Er ist offensichtlich so schwer, dass er das Wasser nicht mehr verlassen kann. Viel mehr weiß man nicht. Angeblich hält er sich zurzeit am Westufer des Sees im Kongo auf. Man erzählt sich, dass ein europäischer Wissenschaftler vor einigen Jahren nach Gustav forschte, seine Assistentin während der Untersuchungen vom Boot in den See fiel und dort von Gustav verschlungen wurde. Seit dem wagt niemand mehr auch nur daran zu denken, nach Gustav zu suchen. Wenn ich im Tanganyikasee schwimmen gehe, was ich gerne und ausgiebig tue, vertraue ich auf die große Herzlichkeit der Afrikaner gegenüber Ausländern. Und so bin ich mir sicher, dass mir der Afrikaner Gustav mit eben dieser freundschaftlichen Haltung begegnen würde, wenn wir uns über den Weg schwämmen.
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