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Dienstag, 14. Dezember 2010

Fuhlis Blumen

Im Dezember macht man ganz traditionell Blumenfotos. Voila, einige Blumen aus unserem Garten...

Dienstag, 7. Dezember 2010

Pili Pili zu Weihnachten

"Schreiben Sie aber was Nettes über Burundi und nicht, dass die Leute hier arm sind", bekam ich von Herrn Claver zu hören, als ich mich daran machte mit ihm über sein Geschäft zu sprechen. Bananen, Tomaten, Ölsardinen, Klopapier, Pili Pili, Cola und Handykarten sind nur einige der vielen Waren, die man in seinem kleinen Kaufmannsladen findet. Eigentlich alles, was man so zum Leben braucht. Wenn das Brot aus seinem Regal nicht so knautschig wäre, dann müsste man noch nicht mal zum Bäcker fahren. "Wissen Sie, die Burunder sind nämlich nett und herzlich. Man liest aber immer nur über den vergangenen Bürgerkrieg und die Armut." Der Kaffee aus Burundi, den man natürlich auch hier bekommt, ist im Übrigen ganz hervorragend. Aber das nur nebenbei. Eigentlich wollte ich von ihm wissen, wie er sich auf das Weihnachtsgeschäft einstellt und ob es etwas gibt, was zu Weihnachten der Renner in Burundi ist. Aber wie so oft im Leben kommt man vom Hundertsten ins Tausendste. Und er hat ja recht, die Burunderinnen und Burunder sind sehr nett und herzlich.



Die zwei, drei Supermärkte in der Hauptstadt Bujumbura sind etwa so groß wie ein Dorfladen. Man bekommt dort z.B. französischen Camembert, moderne Haarspülungen und Katzenfutter in Dosen, "alles zu einem Preis, den man von per Flugzeug importierten Waren auch erwarten darf", bemerkt Herr Claver etwas schnippisch. Wieder geht er nicht auf meine Fragen zum Weihnachtsgeschäft ein und gerät in Plauderlaune. Das große Gegenteil zu den Supermärkten sind die über die Stadt und das Land verteilten bazarähnlichen Märkte, die einem das Gefühl geben, dass man auch wirklich mitten in Afrika ist. Da kann man eintauchen in ein Gewirr von Menschen, Stimmen Farben und Gerüchen. Günstiger ist es hier auch, "aber man kann nicht mal eben auf die Schnelle was holen", meint er, so wie bei ihm, da sei das sieben Tage die Woche von 6 bis 21 Uhr möglich. Geschäfte, wie das des freundlichen Kaufmanns aus Bujumbura, findet man in jeder Nachbarschaft und sie liegen mit ihrem Angebot irgendwo zwischen Supermarkt und afrikanischem Markt. Die Einfacheren sind aus Brettern zusammengenagelt und die Besseren, so wie der Laden von Herrn Claver, bestehen aus einem umgebauten Überseecontainer. Und das Beste an so einem Kaufmannsladen ist: Man kennt sich, kann ein bisschen plaudern und bekommt mit, was gerade so los ist in der Nachbarschaft. Das sei noch der größte Vorteil.

"Während des Krieges war das Angebot etwas eingeschränkt, aber im Prinzip haben wir immer alles vorrätig gehabt. Es gab hier und da mal Engpässe, aber Obst und Gemüse und Pili Pili waren immer da." Das kleine Land müht sich ab, um die Folgen des fünfzehn Jahre dauernden Bürgerkrieges zu überwinden. Anders als im Nachbarland Ruanda, scheint es für Burundi schwieriger zu sein. Dabei ist die Geschichte der beiden kleinen Länder, die einst die deutsche Kolonie "Ruanda-Urundi" waren, eng miteinander verflochten. In beiden Ländern leben Hutu und Tutsi, über deren gemeinsame Geschichte meist nur Trauriges zu lesen ist. Zur gleichen Zeit etwa, als in Ruanda ein schrecklicher Genozid geschah, das war 1994, brach in Burundi ein Bürgerkrieg aus, der letztlich bis 2008 andauerte. Gemeinhin werden ethnische Konflikte als Grund für die Krisen in beiden Ländern angeführt, aber es waren wohl eher wirtschaftliche sowie Machtinteressen. Nach dem ersten Weltkrieg waren Ruanda und Burundi unter belgischer Kolonialverwaltung. Die Belgier teilten zunächst Ruanda-Urundi in zwei separate Länder und dann die Einwohner per Dekret in Hutu und Tutsi. Hutu war demnach, wer weniger als zehn Rinder besaß und Tutsi, wer mehr als zehn Rinder besaß. Ob man zu den eher gedrungenen, athletischen Menschen gehörte, die man bis dahin als Hutu bezeichnete, oder zu den großgewachsenen, schlanken Menschen, die man gemeinhin Tutsi nannte, spielte dabei keine Rolle – hier entstand kein Riss entlang von Ethnien, sondern entlang von Reich und Arm. Die nachfolgende starke Protegierung der Tutsi führte zu einer gesellschaftlichen Spaltung, die eine Grundlage des Genozides in Ruanda und des Bürgerkrieges in Burundi gewesen sein dürfte. Burundi führt leider nur ein "Dasein im Schatten" von Ruanda, wo sich die internationalen Organisationen und Investoren geradezu drängen – wohl um ihr Gewissen zu beruhigen, denn vor und während des Genozids in Ruanda haben die internationalen Akteure dem grauenhaften Treiben nur zugeschaut und es nicht verhindert; trotz Warnungen und zahlreicher Möglichkeiten. In Burundi sind die Investitionen eher zaghaft, obwohl die burundische Gesellschaft sehr offen und demokratisch mit Spannungen und Problemen umgeht. Z.B. wird in Zeitungen nicht selten Kritik an der Regierung geübt, während so etwas in Ruanda unter "Quasi-Diktator" Paul Kagame undenkbar ist. Man könnte sich etwas mehr Anerkennung seitens der internationalen Gemeinschaft wünschen, für die wesentlich demokratischeren Bemühungen in Burundi.

"Seit der Krieg vorüber ist, wird es aber besser, zwar nur langsam, aber es wird besser", meint Herr Claver. Statistiken bestätigen, dass der Pro-Kopf-Verdienst in den vergangenen zwei Jahren von 108 $ US / pro Jahr auf 153 $ US / pro Jahr angestiegen ist (zum Vergleich Deutschland: 42.710 $ US / pro Jahr). "Das Leben geht weiter", sagt er mit ermutigender Stimme. Trotz der vielen Probleme gibt es ja doch einen Alltag, glückliche Momente, traurige Momente und das was dazwischen liegt.

"Aber was ist denn nun mit den Vorbereitungen auf das Weihnachtsgeschäft?", frage ich nach den Geschichten über den Krieg etwas nachdenklich. "In den Supermärkten bekommt man allerlei Backwaren aus Europa und Plastikweihnachtsbäume, sowie auf den afrikanischen Märkten aufblasbare Nikoläuse aus China", bekomme ich zu hören, "und bei uns bleibt alles wie es ist, keine Besonderheiten. Insgesamt kaufen die Leute etwas mehr ein, weil man zu Weihnachten doch schon üppiger kocht." Und dann fällt ihm doch noch ein, was bei ihm zu Weihnachten der Renner ist: "Ach ja, Pili Pili verkaufen wir um diese Zeit ziemlich viel, weil die Leute halt mehr essen!". Pili Pili kurbelt also den Weihnachtsumsatz von Herrn Claver an.

Jetzt wollen Sie vor dem Weihnachtsfest sicher noch wissen, was denn nun Pili Pili eigentlich ist:  Pili Pili ist eine rote Flüssigkeit, gegen die sich Tabasco wie lauwarmes Wasser ausnimmt. Man isst die höllisch-scharfe Sauce im Prinzip zu jeder Mahlzeit und was bei Burunderinnen und Burundern nur ein müdes Lächeln hervorruft, führt bei durchschnittlichen Westeuropäern zu wilden Reaktionen, wie Atemnot oder Tränenausbrüchen. Pili Pili ist zur Ankurbelung des Weihnachtsgeschäftes wohl nur für echte Burnderinnen und Burunder geeignet und so werde ich dann doch lieber im Supermarkt nach Zimtsternen und Lebkuchen Ausschau halten oder auf ein Plätzchenpaket aus der Heimat hoffen.

Die Fotos gibt es hier (http://picasaweb.google.com/thomaso2000/Kaufmannsladen?feat=directlink) in größerer Auflösung